Gute Bücher!

Müssen nicht neue Bücher sein!


Deborah Levy, Was das Leben kostet
Hoffmann und Campe, gb., 19.99 €, Taschebuch 12 €

»Das Leben bricht auseinander. Wir versuchen es in die Hand zu nehmen,versuchen es zusammenzuhalten. Bis uns irgendwann klar wird, dass wir es gar nicht zusammenhalten wollen.«

Deborah Levy und ihr Mann gehen getrennte Wege, ihre Mutter wird bald sterben, die beiden Töchter werden selbstständig. Die entstehende Lücke bedeutet auch Raum für Neues.

In präziser und suggestiver Prosa erschreibt Levy sich aus den Bruchstücken ihres alten Selbst ein neues und fragt: Was heißt es, frei zu sein – als Künstlerin, als Frau, als Mutter oder Tochter? Und was ist der Preis dieser Freiheit? ”

Großes Buch!!
Das Buch ist in kleinen Szenen erzählt, die sich zu einem sympathischen, nahen und überzeugenden Bild von einem Aufbruch fügen. Es ist in einer Sprache geschrieben, die es dem Leser überlässt, wieviel er in einem Satz hört. Wenn man sich näher mit dem Buch beschäftigt, bemerkt man erst die vielen Motive, die wieder auftauchen, die gedreht und gewendet werden, um Bedeutungen zu finden. Künstler, Autoren und Philosophen werden zitiert und machen Lust darauf, dort weiter zu lesen. Es ist ein Buch, das gut geschrieben ist (eine Wohltat!) und mich dazu bringt nachzudenken – allein dafür bin ich dankbar. Aber es ist mehr.

Eine befreundete Buchhändlerin sagte es so:

„Es ist nicht „nur“ ein Buch….: es ist Lebenshilfe, Einfühlungsvermögen, Vorahnung, Freundschaft, Gute Gedanken, einfach eine Wucht! Was das Leben kostet ist DAS Buch, das ich gerade brauche.“

 

Juan Pablo Villalobos, Ich verkauf dir einen Hund                                               Berenberg, gb., 24 €

Tolles Buch!

Wie viele Kakerlaken passen in einen Aufzug? Wie nützlich ist Adornos “Ästhetische Theorie” beim Abwimmeln von bekehrungseifrigen Mormonen? Lebt die Revolution? Und vor allem: Was steckt wirklich in einem Taco? Fragen über Fragen, die Juan Pablo Villalobos in seinem rasanten Seniorenroman aufs vergnüglichste beantwortet. Nabel der fiktiven Welt ist in diesem Fall ein Wohnhaus im Herzen von Mexico City, wo der ganz normale Wahnsinn der Stadt auf ein paar Etagen zusammenschnurrt. Während der hausinterne Literaturkreis auf dem Flur tagt – unter dem strengen Regiment der rüstigen Francesca – und Neuankömmlinge skeptisch-begeistert beäugt, entspinnt sich auf den oberen Stockwerken irgendetwas zwischen Liebes-, Künstler- und Kriminalgeschichte.
Ein großer Spaß, und das ganz ohne Rentner, die aus Fenstern steigen!

 

 


Fran Ross, Oreo
Dtv, geb., 22 €

»Niemand reizt mich ungestraft«, warnt die sechzehnjährige Christine alias Oreo.
Als Tochter einer schwarzen Mutter mit sehr heller Haut und eines jüdischen weißen Vaters mit dunklem Teint ist Oreo eine doppelte Außenseiterin. Der Vater machte sich schon früh aus dem Staub, zurück blieb ein Rätsel, das Oreo das Geheimnis ihrer Geburt enthüllen soll. Also auf nach New York: »Den find ich, den Motherfucker.« Dort trifft sie auf einen schwulen »Reisehenker«, der in großen Firmen Massenentlassungen vornimmt, einen stummen Produzenten von Werbespots und einen Zuhälter. Ohne Angst und Respekt stürzt sich Oreo kopfüber in die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Klischees.

Das Buch ist eine Familiengeschichte der anderen Art: eine Ansammlung von sprachspielerisch und witzig erzählten Geschichten, Anekdoten, Rätseln, drastisch, frech und dreckig. Und: Lustig!

1970 erschien es zum ersten Mal, war seiner Zeit voraus und wurde vergessen. Entdecken Sie es!

 

 


Anthony Burgess, Fürst der Phantome
KlettCotta, gb., 870 S., 29 €

Jahrelang habe ich das Buch für einen Fantasy Roman gehalten. Nichts da!

Großartiges Buch, das sich mit der Heimatlosigkeit eines Intellektuellen im 20. Jahrhundert beschäftigt. Es ist so etwas wie eine Bilanz von Burgess eigenem Leben. Ein reicher gewordener Schriftsteller und Lästermaul allererster Güte auf der Suche nach Sinn und Lust, konfrontiert mit den Herausforderungen durch seine jungen Liebhaber, seinen katholischen Schwager, der Pabst wird und immer wieder beschäftigt mit den Fragen nach der Moral nach dem moralischen Zusammenbruch Mitte des 20. Jahrhunderts. Gott könnte auch böse sein, eine Erkenntnis, die so ganz nebenbei wächst.
Viele schöne Sätze, tolle Anhimmelei von Kunstwerken und den schönen Dingen. Und jede Menge bekannte Menschen werden abgewatscht. Begeisternd seine scharfe Formulierungskunst.

Toller Schmöker für ein Abtauchen für ein paar Tage!