Der Mann, der alles sah

Deborah Levy

Saul Adler betritt den berühmten Zebrastreifen auf der Abbey Road – das Beatles Cover ist Ideengeber. Seine Freundin, die Künstlerin Jennifer Moreau,
will ihn fotografieren.
Von einem Jaguar wird er umgefahren, dessen Rückspiegel zersplittert, Saul berappelt sich, scheinbar ist ihm nichts Schlimmes passiert. Jennifer macht das Foto, sie gehen in ihre WG zurück, lieben sich…
So beginnt ein Buch, das ich Ihnen unbedingt empfehlen möchte. Je weiter man liest um so weniger scheint man zu verstehen, umso chaotischer wird das Erzählte. Das macht nichts. Dem Fluß der Geschichte muß man sich hingeben und schon hat man ein mitreißendes Leseerlebnis.

Der zeitliche Ablauf seines Lebens scheint Saul vollkommen durcheinander geraten zu sein. Als forschender Historiker fährt er in die DDR, weiß aber schon, dass
die Mauer bald nicht mehr existiert. Den Unfall gibt es mindestens noch ein zweites Mal. Sein Vater lebt und lebt nicht. Sind die Personen, die an sein Krankenbett kommen wirklich oder geträumt? Erlebt Saul das, was erzählt wird, fantasiert er?
Ich habe erst beim zweiten Lesen einen Zusammenhang des Erzählten gefunden. Beide Male fand ich das Buch gut. Die Autorin hatte allerdingsVorschußlorbeeren: ich kenne alle ihre Bücher und finde sie außerordentlich.

Was ist das, was wir über unser Leben erzählen?
Ein Morphium Rausch?
Machen wir Erinnerungen, wie wir sie haben wollen?
Welche Folgen hätte das?

Der Verrat, den Sauls Geliebter in der DDR als Stasi-Spitzel begeht,
ist weniger folgenreich, als der ungeheuerliche Verrat,
den Saul in ganz persönlicher Beziehung beging.

Die Kunst, die Jennifer macht, beschäftigt sich mit Sauls schönem Äußeren.
Das wirft er ihr vor. Sie sagt ihm:
Ich habe dein Inneres nicht finden können…

Deborah Levy, Der Mann der alles sah
Kampa Verlag, HC, 23 €

Deborah Levy:
Language can make your world a better place to live.” 

Dies ist ein tolles Film-Porträt Deborah Levys. Ganz wunderbar!
Diese Aurorin hat etwas zu sagen. Toll wie sie über das Schreiben redet, wie sie zeigt, dass Schreiben Freiheit ist, was Masken im Gesicht bedeuten und wie das Meer sie durch ihr Leben trägt. Danke Kampa Verlag!