V13 bedeutet Vendredi 13.
Am Freitag, den 13. November 2015 wurde in Paris Anschläge auf das Fußballspiel Deutschland-Frankreich, auf Cafés und ein Konzert im Club „Bataclan“ verübt. 2019 wurde der Prozeß dazu geführt.
V13 ist eine Gerichtsreportage über den Prozess gegen die noch lebenden Täter.
Carrére ist neun Monate lang fast täglich zum Prozess gegangen und hat zugehört, beobachtet und darüber geschrieben. Das Buch hat Carrere nach seinen wöchentlich geschriebenen Berichten verfasst.
Am schlimmsten wüteten die Mörder im Bataclan. Sie schossen mit Kalaschnikows und warfen Handgranaten ins Publikum. Über zwei Stunden lang. Ein Mörder wurde von einem Polizisten, der sich nicht an seine Befehle hielt, erschossen. Die beiden anderen zündeten ihre Sprengstoffgürtel.
Paris galt ihnen als Stadt des Lasters und der Prostitution und das Bataclan hatte jüdische Besitzer. Sowas merzt man aus. Ein Propaganda Video des IS, das die Mörder beim Training zeigt: Menschen wird mit Messern der Kopf vom lebenden Körper abgeschnitten. Lachend.
Anders als ich hier, beginnt Carrére mit der Klärung von Worten und Umständen: Wie nennt man Menschen, die starben, verwundet wurden, die jemanden verloren haben. Sind alle „Opfer“? Löscht nicht ein solcher Begriff die einzelne Betroffenheit aus? Wie heißen die Angeklagten, wie was könnte die Verteidiger Strategie aussehen, warum mache ich als Schriftsteller diesen Aufwand, usw.
1800 Geschädigte kommen in dem Prozess zu Wort. JedeR bekommt Redezeit.
Damit beginnt der Prozess. Die Mörder sollen keine zentrale Rolle bekommen. Er ist gedacht als Podium für die Erzählungen der Überlebenden. Als Möglichkeit ihre Leiden als Gesellschaft anzuerkennen. Und um zu zeigen, nicht Rache, sondern Recht wird in unseren westlichen Gesellschaften gesprochen.
Es ist sehr spannend, ich habe es in einem Rutsch gelesen. Es ist sehr berührend. Mann muss beim Lesen Weinen, das bleibt nicht aus! Das ist nicht schlimm!
Es IST zum Weinen!
Vive la Liberté!
Emmanuel Carrére, V13
Mattthes & Seitz, HC, 25 €