In geheimer Mission

Nachdem mein Sohn dieses Buch gelesen hatte,
wollte er ein mongolisches Wörterbuch, um diese Sprache zu lernen.
„Amorchen beino?“  – „Fühlst Du Dich leicht?“ grüßten wir uns fortan.
Er war damals zehn – und dieses Buch war ein harter Brocken für ihn:
758 Seiten. Immerhin galt er in der Schule als Lese-Schwächling.
Anfangs half ich durch Vorlesen.

Man kann das Buch so zusammenfassen:
Zwei Jungs, ein chinesischer namens Hu Tua (Großer-Tiger) und ein deutscher namens Christian (Kwi-Shan: Kompassberg) in Peking in den 20-Jahren: Sie verabreden sich zum Drachen steigen lassen, geraten in Kriegswirren und bekommen von einem General den geheim

en Auftrag einem Mongolenfürsten einen Brief zu überbringen. Lastwagen, Fahrer und alles Nötige für die Reise durch das mongolische Grasland
und die Wüste Gobi bekommen sie und los geht’s.
Natürlich wird von Anfang an versucht ihnen den Brief zu stehlen.

Irgendwie verfolgen alle, denen sie begegnen, undurchschaubare eigene Interessen. Die beiden Jungen betrachten alles mit einem ganz eigenen Gleichmut. „Da ist keine Hilfe!“ ist ein oft gesprochener Satz. Diese Haltung paart sich mit einem offenen Herzen, das laut Mühlenweg notwendig ist,
um in dieser Weltgegend unterwegs zu sein.
Mühlenweg war selber lange dort – mit den Expeditionen von Sven Hedin.

Je länger die beiden sich im Grasland und der Wüste Gobi befinden, umso begeisterter sind sie von der mongolischen Lebensweise: Egal, ob Freund oder Feind, erst muss ein kompliziertes Ritual der Begrüßung, mit Austausch von Höflichkeiten und Teetrinken bewerkstelligt werden. Wer dies nicht einhält verliert seine Würde, sein Gesicht gilt als schwarz. Dadurch entsteht eine ganz eigene,
ruhige und ausgeglichene Stimmung,
die den Leser überzeugt auch mongolisch werden zu wollen.

Das Buch ist ein Abenteuerroman allererster Güte, große Literatur.
Nicht umsonst sind die beiden Helden 12 Jahre alt,
so wie Tom Sawyer und Oliver Twist.
Na, das ist eigentlich egal: Es macht solchen Spaß zu lesen,
dass man sich über jede Seite, über jedes Wort freut.

Ich selber habe den Roman als Erwachsener kennengelernt. Es ist ja als Buchhändler sehr schön von seinen Kunden Bücher empfohlen zu bekommen. Dieses hat mir ein Kunde empfohlen mit den Worten:
„Ich habe jede gelesene Seite bereut, weil das Buch kürzer wurde…“

Bolna!

 

Fritz Mühlenweg, In geheimer Mission
Libelle Verlag, sehr schön gemachtes Buch, 27,80 €

Sehr interessant ist es, mehr über Fritz Mühlenweg zu erfahren:
Über seine Mongolei – Reisen, sein Leben in Allensbach am Bodensee mit den sieben Kindern, seine Malerei…
Er war der erste, der den Deutschen Kinder- und Jungendbuchpreis bekam. Theodor Heuss und Max Frisch sind mit auf dem Bild…
Sven Hedin war Hitler Bewunderer – warum auch immer. Und die Exepditionen in die Mongolei Ende der 20-er Jahre und Anfang der 30-er Jahre nutzten auch den Interessen des deutschen Militärs.
Mühlenweg hat das nicht korrumpiert.

Sehr interessant die Seite des Mühlenweg-Museums und die vielen Artikel über Mühlenweg, die Ekkehard Faude schrieb und schreibt.
Er hat mit seinem Libelle Verlag den Roman, der ursprünglich in den 50-er Jahren erschien, in den 90ern wiederentdeckt.