
Stephen King erzählt Hänsel und Gretel!
Klar, was ich da erwarte.
Noch ein bißchen mehr Horror als das Original eh schon hat.
Aber Enttäuschung: King hält sich genau an die Vorlage.
Er erzählt das Märchen der Brüder Grimm geraffter und stringenter.
Und er orientiert sich an den Bilder Maurice Sendaks.
Diese entstanden als Sendak den Auftrag bekam,
sie für eine Oper von Humperdinck zu malen.
Zusammen ergeben Text und Bilder ein schönes Buch.
Der Grimmsche Text ist heute für viel vermutlich nicht mehr verständlich,
so „umständlich“ und fremdartig wirkt er.
Die Märchensammler Grimm haben die Texte allerdings auch ständig
verändert. Bei diesem Märchen besonders schön zu sehen wie und warum:
In der urspünglichen Fassung war die böse Frau, die die Idee zum Aussetzen der Kinder hat, die eigene Mutter. In späteren Fassungen sind es dann drei verschiedene „Frauen“:
die Mutter, die Frau und die Stiefmutter. Bei dieser blieb die Schuld dann „hängen“.
Die Grimms reagierten damit auf die Proteste ihres Umfeldes.
Eine Mutter kann ja gar nicht böse zu ihren Kindern sein.
King erzählt in der Einleitung des Buches, dass er selber Maurice Sendaks Bücher erst als junger Erwachsener kennenlernte. Mir ging das genauso: zum dreissigsten Geburtstag bekam ich „Die wilden Kerle“ geschenkt. Bis heute eines meiner Lieblingsbücher.
Und diese Sätze: „Und sie machten Krach!“ oder die letzten Worte als Max zurück segelt – „bis in sein Zimmer, wo das Essen auf ihn wartete:
„ …und es war noch warm.“
Oder in „Max und der Löwe“:
„Ich fresse Dich!“
sagt der Löwe. Max:
„Mir egal!“
Brüder Grimm:
„Knusper, Knusper, knäuschen,
wer knuspert an meinem Häuschen?“
Stephen King: „Und ihr wisst, was jetzt kommt:
Sie lebten glücklich bis ans Ende Ihrer Tage.“
Maurice Sendak/Stephen King: Hänsel und Gretel
Atlantis, HC, 20 €
Grimms Märchen
vollständige, illustrierte Ausgabe aller Märchen
Mit Register, Lexikon und Wörterbuch mit 2700 Einträgen
Text nach der letzten Fassung, ungekürzt!
Sauerländer, geb., 29,90
